Wir lasen im Internet bergedorfer-zeitung.de
Im Sulky auf der Jagd nach Titeln
(Jan H. Schubert)
Trabrennfahren Christina Meyer (20) will als Nachwuchsmeisterin ihren Sport wieder populärer machen.
Geesthacht. . Christina Meyer kennt den wesentlichen Unterschied zwischen Menschen und ihren Lieblingstieren: „Pferde halten einfach den Mund. Sie hören dir zu, sie sind äußerst lernwillig.“ Als „Gesprächspartner“ fungiert bei ihr öfter die zweijährige Stute „Give me diamonds“, das Familienpferd der Meyers.
Wer sollte die edlen Rösser besser einschätzen können, als die 20 Jahre alte Geesthachterin, die seit frühester Kindheit in Kontakt mit den Kaltblütern steht, mit fünf das erste eigene Shetland-Pony vom Opa geschenkt bekam und mit sechs zum ersten Mal allein ausritt. Schon zu Schulzeiten nutzte sie jede frei Minute, um sich den Vierbeinern im heimischen Stall zu widmen. Jetzt schickt sich Christina Meyer an, in einer etwas ins Hintertreffen geratenen Sportart für Furore zu sorgen.
Denn Meyer darf sich deutsche Nachwuchsmeisterin im Trabrennfahren nennen. Sie siegte unter acht Teilnehmern auf der Trabrennbahn Bahrenfeld. Wieder und wieder erlebt sie die Faszination im Sulky: „Das ist schon ein toller und spannender Moment, wenn du hinter dem Startauto mit den Konkurrenten mit viel Tempo losläufst.“ Das Gespann Mensch/Pferd erreicht etwa 45 bis 50 Stundenkilometer.
Beim Titelrennen regierte auch ein wenig der Zufall. Die Pferde wurden zugelost: „Ich hatte großes Glück mit ,Dithmarscherin’. Im Endspurt habe ich mich gegen zwei Konkurrenten mit einer halben Länge durchgesetzt.“ Das bedeutete 1250 Euro Siegprämie – allerdings nur für den Besitzer. Für die Reiterin blieb der Pokal. Immerhin.
Wenn es nach Christina und ihrem Vater Kurt Meyer geht, soll Bahrenfeld der Anfang einer vierteiligen Rennserie für talentierte Nachwuchsfahrer mit weiteren Stationen in Berlin-Mariendorf, GelsenTrabPark in Gelsenkirchen und München-Daglfing noch in diesem Jahr werden. Dafür werden Sponsoren gesucht. Eine Aufwertung hätte der Trabrennsport ohnehin nötig: „Wir haben zu wenig Nachwuchs“, weiß Vater Meyer, der noch die 1970er-Jahre erlebte, in denen 10 000 Menschen die Rennbahn säumten. „Heute sind es vielleicht 500 bis 800. Dieser Sport lebt leider größtenteils nur noch durch Erinnerungen.“ Dazu passt, dass die Stadt Hamburg darüber nachdenkt, die Bahn in Bahrenfeld für Pferderennen zu schließen: Es rechnet sich einfach nicht mehr. Trotz allem: Der Trabrennsport begleitet die Meyers nun schon durch vier Generationen. Kurt Meyer gewann 1988 das Pokalrennen in Berlin, nun steigt die Tochter in seine Fußstapfen. Und findet im heimischen Gestüt mit 40 Pferden – neben Trabern auch Freizeit- und Pensionspferde – auch beste Trainingsbedingungen vor. Die 20-Jährige kann mit ihren Vierbeinern auf einer 900 Meter langen Rundbahn am Schäferstrift üben.
Christina Meyer wird einmal den heimischen Pferdehof übernehmen, dafür besitzt sie schon jetzt als gelernte Pferdewirtin das Rüstzeug. Die dreijährige Ausbildung absolvierte sie ein Jahr lang zu Hause, den Rest der Zeit hingegen bei der deutschen Trab-Ikone schlechthin in Berlin: Heinz Wewering. Der 66-Jährige hat in seiner Karriere 16 000 Rennen gewonnen.
Ob Christina Meyer da jemals heranreichen wird? „Wenn es mit dem Trabrennsport nicht klappt, schaffe ich mir gerade ein zweites Standbein als Reitlehrerin“, sagt die Geesthachterin.
Wenig verwunderlich bei der jungen Frau, der die Pferde so gern zuhören.